Im August 2023 wurde «Faking It» in einem Wald uraufgeführt. Speziell für die Aufführung bei TOBS! wird das Stück an die Räumlichkeiten des Stadttheaters angepasst und mit einem getanzten Beitrag von Studierenden des «Musik und Bewegung»-Studiengangs der HKB (Annette Claudia Huber, Ko Chao-Ming, Ellinor Lori, Francine Hoenner, Rahel Kohlbrenner) ergänzt. «Faking It (XL)» ist athletisch, sinnlich, virtuos und schamlos rhythmisch: eine Wiederentdeckung der weltverändernden Kraft des Tanzes!
| 2024/2025 Tanz
Zwischen Improvisation und Takt!
Joshua, was macht die Zusammenarbeit mit TOBS! für dich so besonders?
Ich arbeite seit über zehn Jahren mit TOBS! zusammen. Meine ersten Choreografien habe ich für Opernszenen entwickelt, später folgten Arbeiten für Schauspielproduktionen, die mir besonders viel Freude bereitet haben. TOBS! ist für mich wie ein zweites Zuhause geworden – hier in Biel habe ich viele Sänger*innen kennengelernt, Freundschaften geschlossen und grosses Vertrauen aufgebaut. Dieses Vertrauen, insbesondere von Dieter Kaegi, schätze ich sehr. Es ist bereits das vierte Mal, dass ich hier ein abendfüllendes Programm präsentieren darf, und ich freue mich, diese aussergewöhnliche Produktion gemeinsam mit der HKB zu realisieren.

Wie gestaltet sich der kreative Prozess in der Zusammenarbeit mit den Studierenden?
Bei «Faking It (XL)» handelt es sich um eine bereits existierende Produktion meiner Tanzcompagnie, die durch einen Beitrag von HKB-Studierenden ergänzt wird. Dieser Beitrag entsteht in enger Zusammenarbeit mit ihnen – es basiert auf ihren Körpern und ihrem kreativen Input. Ich lerne sie nach und nach kennen und lasse mich von ihnen inspirieren. Seit vier Jahren unterrichte ich als Dozent für Master-Studierende in der Abteilung Musik und Rhythmus. Jetzt zum zweiten Mal entsteht eine gemeinsame Produktion, die wir auf die Bühne bringen – eine wunderbare Synergie. Dieses Mal arbeiten wir mit Debussys «Prélude à l’après-midi d’un faune». Die Musik ist üppig, luxuriös und thematisch vom Wald inspiriert, was gut zu «Faking It» passt, das ursprünglich im Wald aufgeführt wurde.

Welche Adaptierungen gibt es, um den Wald auf die Bühne zu bringen?
Statt den Wald nachzubilden, übertragen wir das ursprüngliche Konzept der Aufführung auf die Bühne: Die Tänzer*innen nehmen den Raum ein, wie sie damals den Wald okkupierten, sie interagieren mit Objekten und erschaffen eine dynamische Umgebung. Technisches Equipment wie Besen oder Kabel bleibt auf der Bühne und wird Teil der Inszenierung. Das Publikum wird aktiv einbezogen, wodurch eine spannende Verbindung zwischen Zuschauenden und Darstellenden entsteht.

Wie bist du zum Tanz gekommen?
Tanz habe ich erst spät für mich entdeckt – mit 20 Jahren. Vorher studierte ich Literatur, doch ein Tanzkurs, den ich aus Frust über meinen stagnierenden Musikunterricht besuchte, weckte meine Leidenschaft. Die Geselligkeit und das Gruppengefühl des Tanzes haben mir sehr zugesagt. Ich habe quasi meinen Gruppensport beim Tanz gefunden. Durch meine musikalische Erfahrung konnte ich schnell Fortschritte machen und mich in der Tanzwelt etablieren. Nach einem Master in Tanz in Ohio zog es mich nach Amsterdam, später nach Bern, wo ich als Tänzer und Choreograf arbeitete. Mein Leben heute verbindet die Rollen als Choreograf, Tänzer und Dozent. Obwohl jeder Tag anders ist, bleibt die Musik der rote Faden, der mich antreibt.
Wie siehst du die Entwicklung des Tanzes?
Die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Früher kämpften die Pionier*innen des Ausdruckstanzes darum, den Tanz als Kunstform zu anerkennen. Dafür wählten sie oft ernste Themen, damit er nicht nur als Entertainment wahrgenommen wurde. Aber heutzutage sind wir glücklicherweise nicht mehr in dieser Situation. Ich finde es als befreiend, die Ernsthaftigkeit ein bisschen wegzulassen und mehr Humor, Ironie und Gelassenheit in meine Arbeiten einfliessen zu lassen. Aber es gibt natürlich verschiedene Ansatzweisen und auch ernste Themen sind nach wie vor wichtig.

Wie wirkt sich die Präsenz des Publikums auf eine Aufführung aus?
Für mich ist es essenziell, dass Tanzstücke einen Austausch zwischen Darstellenden und Zuschauenden ermöglichen. In meinen Choreografien habe ich in den letzten Jahren immer wieder interaktive Elemente eingebaut, die das Publikum auf unterschiedliche Weise in die Produktion miteinbeziehen. Eine Inszenierung lebt davon, dass das Publikum präsent ist – es übernimmt eine eigene, wenngleich andere Rolle als die Tänzer*innen. Nur durch das Zusammenspiel beider Seiten entsteht eine Inszenierung.
Welche Emotionen oder Botschaften möchtest du dem Publikum mit dieser Produktion vermitteln?
Mit «Faking It (XL)» möchte ich dem Publikum vor allem die Kraft des Tanzes nahebringen – wie er Menschen zusammenführt und wie der Rhythmus Menschen verbindet. Unser Ausgangspunkt ist: wie tanzt man Wald? Wie evoziert man das Gefühl, in einem Wald zu sein? Wie reproduziert man die Stimmungen vom Wald mit Menschenkörpern? Dabei ist die Verwandlung durch den Körper zentral. Nicht Kostüme oder Bühnenbilder stehen im Fokus, sondern die Tänzer*innen selbst, die mit ihrer Präsenz Fantasie und Magie erschaffen.
«TOBS! ist für mich wie ein zweites Zuhause geworden – hier in Biel habe ich viele Sänger*innen kennengelernt, Freundschaften geschlossen und grosses Vertrauen aufgebaut.»
Joshua Monten
Choreograf, Tänzer und Dozent